Erwartungen Führungskraft

Anforderungen an Führungskräfte – das Führungskräfte-Dilemma

Wie entstehen widersprüchlichen Anforderungen an Führungskräfte und wie können diese lösungsorientiert mit diesen umgehen?

Eine Kundin erzählte mir unlängst, dass sie vor einem Dilemma steht. Sie soll ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einerseits zu überambitionierten Zielen anspornen, andererseits aber sicherstellen, dass alle motiviert im Unternehmen bleiben, obwohl diesen immer wieder lukrative Job-Angebote von anderen Organisationen angeboten werden. Sie fühlt sich nun total in der Zwickmühle.

Viele Führungskräfte klagen über widersprüchliche Erwartungen und Anforderungen. 

Führungskräfte-Studie zeigt widersprüchliche Anforderungen

Wir haben 151 Führungskräfte nach ihren größten Herausforderungen befragt und es zeigt sich, dass jede 2. Führungskraft unter widersprüchlichen Erwartungen leidet. 

In unserer Studie schildern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass… 

  • … sie oft einen Spagat zwischen den Ansprüchen der Geschäftsführung bzw. der eigenen Führungskraft sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen müssen, dass sie
  • … unklare oder widersprüchliche Erwartungen kommuniziert bekommen oder dass 
  • …. sie den Eindruck haben, diese nicht erfüllen zu können.

Besonders in Zeiten von Veränderung müssen Führungskräfte widersprüchliche Anforderungen balancieren.

  • „Agiere selbstständig und befolgen Anweisungen.“
  • „Gib Stabilität und treibe Veränderungen voran.“
  • „Liefere Qualität und spare Kosten.“
  • „Setze Ziele um und gehe auf die Bedürfnisse deines Teams ein“. 

Kommt Ihnen das bekannt vor? Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Diese unterschiedlichen Anforderungen können Führungskräfte in Dilemmata stürzen, da jede Entweder-oder-Entscheidung Nachteile mit sich bringt.

Doch wie entstehen überhaupt widersprüchlichen Erwartungen und Anforderungen an Führungskräfte?

Und wie können Führungskräfte diesen Widersprüchlichkeiten lösungsorientiert begegnen und tragfähige Entscheidungen treffen?

„Nur die Fragen, die im Prinzip unentscheidbar sind, können wir entscheiden“ 

Heinz von Foerster 
Anforderungen an Führungskräfte sind unterschiedlich

3 Ursachen, wie unterschiedliche Anforderungen an Führungskräfte entstehen:

Ursache 1: Unterschiedliche Wahrnehmung

Es beginnt bei der Wahrnehmung des Einzelnen. Menschen nehmen selektiv wahr, d.h. sie nehmen nur einen kleinen Ausschnitt ihrer Umgebung bewusst wahr und beurteilen damit Situationen unterschiedlich. 

Menschen nehmen außerdem projektiv wahr, d.h. sie ergänzen die sie umgebende Reize in ihrer Erinnerung und schmücken diese aus (z.B. Augenzeugen, die bei Autounfällen von Glasscherben auf der Straße berichten, obwohl es keine gibt). 

Außerdem wird die individuelle Wahrnehmung durch zahlreiche sogenannte „uncounscious Bias“ (wie den Halo-Affekt, Fundamentaler Attributionsfehler, Verlustaversion, Kontrasteffekt, um nur ein paar zu nennen) verzerrt und durch persönliche Erwartungen und Erfahrungen beeinflusst. 

Damit ist die menschliche Wahrnehmung immer subjektiv und sie entspricht nicht dem Abbild der Realität. Das führt dazu, dass Menschen dieselben Situationen unterschiedlich wahrnehmen und bewerten und das kann zu unterschiedlichen Ansprüchen führen. 

Die Führungskräfte als „Sandwich-Manager”

Je nachdem, in welcher Funktion und Rolle eine Person in einer Organisation tätig ist und welche Ziele sie damit verfolgt, beeinflusst sie, wie sie Situationen wahrnimmt, interpretiert und bewertet.

Z.B. haben Personen, die hierarchisch weit oben tätig sind, in der Regel den Blick aufs Ganze, fokussieren auf Unternehmensentscheidungen und formale Strukturen. Schauen diese nach „unten“, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr stark in ihrer Funktion wahrgenommen, d.h. dass sie Aufgaben und Ziele erfolgreich erreichen und erfüllen. Der Wunsch ist dabei meistens, dass diese loyal und engagiert Entscheidungen mittragen und rasch umsetzen, aber gleichzeitig selbstständig agieren (was schon per se Widersprüche entstehen lassen kann). 

Schaut man als Mitarbeiterin und Mitarbeiter nach „oben“, so ist der Fokus ein anderer. Man wünscht sich in der Regel, dass nicht die Funktion, sondern der Mensch im Vordergrund steht. Menschen wünschen sich aus diesem Blickwinkel meistens, dass Wert auf persönliche Nähe und Beziehung gelegt wird.

Mitarbeiterin und Mitarbeiter führen im Gegensatz dazu Ausführungen im Detail durch. Sie spüren Veränderungen in ihrer Tätigkeit oft unmittelbar und bekommen Auswirkungen wie z.B. Reaktionen von Kundinnen und Kunden oft sofort zu spüren.

Im idealen Fall wird die eigene Führungskraft als Vorbild wahrgenommen, die Orientierung gibt und bei Bedarf Schutz bietet. Genauso soll sie aber selbstbestimmtes Arbeiten, Partizipation und Mitsprache zulassen und auf die persönlichen Bedürfnisse wie beruflicher Weiterentwicklung, flexibles Arbeiten und Vereinbarkeit von Beruf und Familie Rücksicht nehmen.

Widersprüchliche Sichtweisen sind immer Teil der sozialen Realität.

Wenn also mehrere Menschen zusammenkommen, sind unterschiedliche und widersprüchliche Sichtweisen immer Teil der sozialen Realität. Die meisten Führungskräfte sind sogenannte Sandwich-Manager. Sie stehen über den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und gleichzeitig unter anderen Führungskräften höherer Führungsebenen.

Damit bewegen sie sind in einem strukturell angelegten Kräftefeld. Sie sind mit widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert. Sie erleben sich oft als emotionale Puffer, deren Aufgabe es ist, zwischen unterschiedlichen Perspektiven zu übersetzen und zu verbinden. 

Ursache 2: Organisationen als Ort des Widerspruchs

Organisationen stellen per se einen Ort der Widersprüche dar. Warum? Sie müssen mit unterschiedlichen und komplexen internen und externen Gegebenheiten „situationsflexibel“ umgehen können. Daher verfügen sie über die Fähigkeit sich gleichzeitig für Polaritäten zu entscheiden, sozusagen zeitgleich nach links und nach rechts zu gehen.

Zum Beispiel kann ein Unternehmen auf der einen Seite gerechte Regeln für alle festlegen und auf der anderen Seite auf Einzelinteressen Rücksicht nehmen. Oder in einem Unternehmen sind ganze Unternehmensbereiche massiv von Kostensenkungen betroffen, während in andere Bereiche investiert wird. 

Ursache 3: Schnelligkeit als Erfolgsfaktor

Digitale Transformation, kürzer werdende Innovationszyklen und raschere Entwicklung neuer Technologien führen zu immer schneller werdenden Wirtschaftsdynamiken. Damit stehen Organisationen vor der Herausforderung, sich rasch an die sich verändernden Umwelten, Märkte und Rahmenbedingungen anzupassen und agiler zu sein.

Die Zeitkomponente stellt einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Dabei geht mitunter ein schrittweises Vorgehen mit zeitlich versetzten Schritten, also ein „nacheinander“, zu langsam und es muss vieles „gleichzeitig“ passieren. Dann sind Organisationen mitunter gefordert, Widersprüche zeitgleich zu berücksichtigen.

Risiken und Chancen unterschiedlicher Erwartungen und Widersprüchen in Organisationen

Risiken:

Diese unterschiedlichen Kräfte führen zu Spannungsfeldern. Das gestaltet das Miteinander komplexer und bieten einiges an Fallstricken. Es kann zu Missverständnissen und weiter zu Konflikten führen. Es gibt Nährboden für „oben“ sticht „unter“ oder Pattsituationen, in der keine Seite gewinnen kann und ein Gleichgewicht der Kräfte herrscht, was kein Weiterkommen möglich macht. Das Ausloten von Unterschiedlichkeit kann viel Energie binden und dazu führen, dass eine Organisation stark mit sich selbst beschäftigt ist.

Chancen:

Widersprüche sind aber ein Zeichen von lebendigen und komplexen Systemen. Sie stellen ein vollkommen normales Phänomen dar und bieten viele Chancen. Unterschiedliche Sichtweisen, Erwartungen und Anforderungen spiegeln Unterschiede wider. Unterschiede liefern wiederum Informationen und die brauchen wir um lernen zu können, gute Lösungen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen. Informationen sind aber erst dann Informationen, wenn sie einen Unterschied machen, d.h. einen Neuigkeitswert bieten.

Haben alle die gleiche Sichtweise, kann es zu fatalen Entscheidungsfehlern in Gruppen kommen, wie uns z.B. das Phänomen des Groupthinks veranschaulicht. Unterschiedliche Sichtweisen und Widersprüche führen dazu, dass Organisationen flexibler agieren können. Es ermöglicht Organisationen gleichzeitig widersprüchliche Dinge zu tun. Es kann eine Organisation, gut genutzt, agiler und innovativer machen. Widersprüche stellen damit eine große Ressource dar. 

Die Führungskraft im Dilemma

Die unterschiedlichen Erwartungen an Führungskräfte werden so zum Balanceakt und stützen Führungskräfte in ein Dilemma.

Führungskräfte sind dabei mit der Herausforderung konfrontiert, es nicht allen recht machen zu können. Für die betroffene Person entwickelt sich aber erst dann ein Dilemma, wenn sie selbst an sich oder andere an sie den Anspruch stellen, beiden Polaritäten gerecht zu werden.

Dabei befindet sie sich in einer nicht auflösbaren Situation, da in der Regel diese Widersprüche nicht aufgehoben werden können. Das kann dazu führen, dass die Führungskraft immer mehr unter Stress gerät, sich überfordert und frustriert fühlt und sich nicht mehr traut Entscheidungen zu treffen. 

Erwartungen an Führungskräfte: 14 Strategien, um tragfähige Entscheidungen zu treffen

Viele Polaritäten und Widersprüche, mit denen Führungskräfte konfrontiert sind, können nicht vermieden oder aufgelöst werden. Führungskräfte sind gefordert, mit diesen widersprüchlichen Fronten umzugehen und entscheidungsfähig zu bleiben. Doch welche Strategien können dabei hilfreich sein?

1. Widersprüche als normales (und gesundes) Phänomen wahrnehmen

Wenn Sie als Führungskraft mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert sind, seien Sie sich bewusst, dass diese ein normale Phänomen in Organisationen darstellen. Den meisten Führungskräften geht es auch so. Sie sind nicht alleine damit. 

2. Dilemmata akzeptieren und aushalten

Als Führungskraft sind Sie gefordert, nicht den Anspruch zu erheben, Polaritäten aufzulösen. Sonst laufen Sie Gefahr, dass Sie etwas verändern wollen, was nicht veränderbar ist und das kostet Sie viel Energie. In unserer Beratungstätigkeit erleben wir aber, dass es für Führungskräfte wichtig ist, die Spannungsfelder, in denen sie sich bewegen, wahrzunehmen und zu erkennen. Das schafft die Voraussetzung, sich aktiv mit bestehenden Dilemmata und deren möglichen Auswirkungen auseinandersetzen und bewusste Entscheidungen treffen zu können. Nehmen Sie diese also wahr, verurteilen Sie sie nicht, sondern akzeptieren Sie, dass es sie gibt und halten Sie Widersprüche aus. In der Psychologie wird von der Ambiguitätstoleranz gesprochen. 

3. Verschiedene Sichtweisen kennenlernen und ihren Mehrwert würdigen

Unterschiedliche Meinungen proaktiv einzuholen kann zu erkenntnisreichen neuen Perspektiven führen. Reflektieren Sie als Führungskraft, welche Berechtigung diese Perspektiven haben und welchen Mehrwert sie generieren können. Angenommen Sie wollen einen Change treiben, einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen das aber kritisch.

Was kann das Positive daran sein? Widerstände können zum Beispiel davor schützen zu schnelle und riskante Veränderungen herbeizuführen. Stellen Sie sich vor, einer ruft „Change“ und alle rufen „Ja“ und rennen los. Welche Gefahren würden entstehen, wenn alle sofort mitmachen und niemand den Prozess hinterfragen würde und auch mal auf die Bremse steigt? Widersprüche schützen u. a. davor in ein Extrem zu verfallen und damit nicht mehr situativ flexibel entscheiden zu können.

4. Erwartungen klären

Als erfolgreiche Führungskraft brauchen Sie Klarheit über die Erwartungen, die an Sie gestellt werden. Nur durch diese können Sie entscheiden, ob Sie den an Sie gestellten Erwartungen gerecht werden können und wollen oder eben nicht. Laut einer Studie von Gabarro (2007) stellt die genaue Klärung und Abstimmung von Erwartungen und Zielen den wichtigsten Erfolgsfaktor für neue Führungskräfte dar. Holen Sie Erwartungen aktiv ein und kommunizieren Sie Ihre Erwartungen, die Sie an andere haben, klar. 

5. Rollen- und Situationsdistanz wahren

Eine Gefahr in sehr herausfordernden Entscheidungssituationen ist es, dass diese sich so groß vor uns aufbauen, dass wir an nichts anderes mehr denken können und damit neue Perspektiven und Lösungen nur schwer zulassen. Sich aber innerlich von der Rolle und bestimmten Situation zu distanzieren hilft einen kühlen Kopf zu bewahren, lösungsorientiert zu bleiben und nicht aus Emotionen heraus Hauruckaktionen zu starten. Daher ist es eine sehr wichtige Fähigkeit um entscheidungsfähig zu bleiben und nicht von den Erwartungen anderer „aufgefressen“ zu werden, die eigene Rolle und die Situation, in der man sich befindet, mit innerem Abstand betrachten und reflektieren zu können. 

6. Klare Ziele verfolgen

Klare, festgelegte Ziele, die priorisiert sind, unterstützen bei Entscheidungsfindungen. Sie lassen Führungskräfte auf das Wesentliche fokussieren und unterstützen dabei, Entscheidungen zu treffen.

7. Fokus auf den eigenen Einflussbereich legen

Den Fokus nicht auf unveränderliche Rahmenbedingungen zu legen, sondern auf den eigenen Einflussbereich, stärkt die persönliche Handlungsfähigkeit, das Selbstwirksamkeitserleben und damit die Entscheidungsfähigkeit. Dabei gilt es zu reflektieren, was man selbst gestalten und entscheiden kann und was nicht.

Folgende Fragen können dabei nützlich sein:

  • Was liegt in meinen Einflussbereich?
  • Was kann ich kontrollieren oder beeinflussen?
  • Was kann ich selbst gestalten?

8. Emotionen sondieren 

Eine Entscheidung zu treffen geht oft mit widersprüchlichen Emotionen einher. Manches spricht dafür, manches dagegen. Die eigenen Emotionen bewusst wahrzunehmen, diese als normal Reaktion einzustufen und sie zu sondieren kann dabei Klarheit generieren. Stellen Sie sich vor, Sie überlegen zusätzlich zu Ihrem Job eine Ausbildung zu absolvieren. Sie sind sich nicht ganz sicher, ob Sie dieses Investment tätigen soll.

Einerseits würde es Ihnen Spaß machen etwas Neues zu lernen und Sie hätten bessere Karrierechancen. Andererseits ist die Ausbildung mit erheblichen Kosten und Zeitaufwand verbunden und Sie hätte viel weniger Zeit für Ihr Privatleben. Sie sind unschlüssig die Ausbildung zu beginnen. Um die eigenen Emotionen zu sondieren, stellen Sie sich vor, Sie würden sich für die Ausbildung entscheiden (oder gegen sie entscheiden) und beantworten Sie folgende Fragen: 

  1. Positive Emotionen
    Welche positiven Emotionen nehmen Sie bei dieser Entscheidung wahr? Wodurch werden diese ausgelöst? Wie können die positiven Emotionen noch verstärkt werden? Wie können diese verringert werden?

  2. Negative Emotionen
    Welche unangenehmen Emotionen nehmen Sie bei dieser Entscheidung wahr? Wie kommen diese zustande? Wie können diese verstärkt werden? Wie können diese verringert werden?

Gerade in Situationen, in denen Sie eine Entscheidung treffen müssen, die Sie Ihrem Team kommunizieren müssen, ist es wichtig die eigenen Emotionen zu sondieren bevor Sie mit Ihrem Team sprechen, sonst können Sie dieses nicht überzeugen.

9. Situativ entscheiden

In vielen Situationen ist es von Nachteil sich für eine von zwei möglichen Alternativen zu entscheiden, also sogenannte Entweder-oder-Entscheidungen zu treffen. Angenommen ich überlege mir, ob ich möglichst ehrgeizig meinen Beruf nachgehen soll oder mein Leben mit Muße vor allem genießen will.

Wenn ich mich rein für den Ehrgeiz entscheide, so laufe ich Gefahr verbissen meinen Beruf nachzugehen. Ist die Muße alles was zählt, wird die Antriebslosigkeit immer mehr Einzug in mein Leben nehmen. Wenn ich mir hingegen überlege, wann es sinnvoll ist ehrgeizig zu sein und wann es besser für mich ist einfach das Leben zu genießen, ich mich also situativ festlege, schöpfe ich aus beiden Werten (siehe Wertequadrat).

Damit ich das kann, muss ich zuallererst die positiven Aspekte beider Pole wahrnehmen:

  • Was sind die positiven Aspekte? 
  • Was wäre der Nachteil, wenn wir uns nur auf einen Pol fokussieren? Welche Risiken sind damit verbunden? 
  • Wie können die positiven Effekte beider Pole zum Tragen kommen? Wie gelingt es sowohl das eine als auch das andere zu berücksichtigen? 
  • Wann gilt das Eine und wann das Andere? Welche Lösungen und Maßnahmen braucht es dafür? 

Dies ist situativ zu entscheiden. In neuen Situationen muss eine neue Balance von Polaritäten hergestellt und neue Lösungen gefunden werden.

10. Auf horizontaler Ebene zusammenschließen und strategische Allianzen bilden

Die Position der Führungskraft kann eine einsam sein. Sich mit Kolleg*innen auf gleicher Ebene zu vernetzen, auszutauschen, Erfahrungen zu sharen und gemeinsam Strategien zu entwickeln stärkt die eigene Identitätsdefinition und Entscheidungsfindung.

11. Möglichkeiten abwägen und Entscheidungskriterien festlegen 

Die Auseinandersetzung mit Dilemmata geht meistens mit dem Treffen von Entscheidungen einher. Die Führungskraft ist gefordert ihren persönlichen Standpunkt zu verorten und sich selbst zu positionieren. Dafür müssen Chancen, Kosten und Risiken abgewogen werden, Alternativen erwogen und mögliche Lösungen gesammelt werden. Folgenden Fragen können hilfreich für diesen Prozess sein:

  • Woran ist eine gute Lösung erkennbar?
  • Was ist für den Erfolg besonders wichtig?
  • Was darf auf keinen Fall passieren? 
  • Welche negative Konsequenz sollte am allerwenigsten zutreffen?

Im nächsten Schritt ist es hilfreich, Kriterien für gute Entscheidungen festzulegen:

  • Anhand welcher Kriterien messe ich, ob es eine gute Entscheidung ist? (Z.B. Ressourceneinsatz, Budget etc.)

Die möglichen Vorgehensweisen werden anhand dieser Kriterien bewertet. Dies bietet eine gute Basis, um die möglichen Vorgehensweisen abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen. Im nächsten Schritt geht es dann zu reflektieren, wie die Entscheidung nach außen vertreten werden kann.

12. Mutig entscheiden und Ich-Stärke stärken

Entscheidungsfähig zu sein ist eine besonders wichtige Führungsfähigkeit. Entscheidungen können nur mit dem aktuell verfügbaren Wissen getroffen werden. Mitunter müssen Führungskräfte Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen für sie nicht (im vollen Ausmaß) abschätzbar sind. Gründe dafür können sein, dass notwendige Informationen fehlen, dass zukünftige komplexe Wechselwirkungen schwer einschätzbar sind und daher zukünftige Entwicklungen nicht vorhersehbar sind. Dabei können Ängste und Unsicherheiten entstehen, Fehlentscheidungen zu treffen. Mit diesen Ängsten und Unsicherheiten umzugehen, Ich-Stärke zeigen und entscheidungsfähig zu bleiben stellt eine wichtige Fähigkeit von Führungskräften dar. 

13. Umgang mit Fehlern reflektieren und die Fehlerkultur stärken

In unsicheren Situationen eine Entscheidung zu treffen, bedeutet das Risiko einzugehen auch eine Entscheidung zu treffen, die sich im Nachhinein als falsch herausstellt. Unterwirft man sich aber der eigenen Anforderung immer Fehlentscheidungen auszuschließen, läuft man Gefahr, dass man sich nicht mehr traut Entscheidungen zu treffen. Das geht auf Kosten der eigenen Handlungsfähigkeit. Hilfreich ist es den eigenen Umgang mit Fehlern zu reflektieren sowie die Fehlerkultur im eigenen Team und in der Organisation. Folgende Fragen können dabei nützlich sein:

  • Wie gehe ich mit eigenen Fehlentscheidungen um? 
  • Was bedeutet es für mich Fehler zu machen? 
  • Was kann ich aus Fehlern lernen? 
  • Wie gehe ich bei anderen mit Fehlern um? 
  • Welche Fehlerkultur leben wir in unserem Team, in unserer Abteilung, in unserer Organisation? 
  • Wie können wir Fehler als Chancen nutzen?

Reaktionen aushalten und Verständnis zeigen

In bestimmten Situationen sind Führungskräfte gefordert, sich klar für einen Weg zu entscheiden. Geht dieser mit negativ bewerteten Konsequenzen einher, steht die Führungsperson vor der Situation unliebsame Entscheidungen zu kommunizieren. Wir werden in unserer Beratungsfunktion immer wieder gefragt, wie man als Führungskraft am besten unangenehme Nachrichten übermittelt.

Zum einen geht es darum sich entsprechend vorzubereiten, dahingehend, was das Ziel von dem Gespräch ist, was man konkret vermitteln will etc. und zum anderen geht es im Gespräch darum, direkt und konkret zu kommunizieren sowie Entscheidungen zu begründen.

Zusätzlich ist es aber eine wichtige Fähigkeit als Führungskraft Reaktionen „auszuhalten“ und Verständnis zu zeigen. Geht es zum Beispiel in worst case darum einer Mitarbeiterin die Kündigung auszusprechen, so geht es weniger um Kommunikationstechniken, die es weniger „schlimm“ für die Mitarbeiterin machen.

Niemand wird aus einem Kündigungsgespräch herausgehen und sagen, die Führungskraft hat das kommunikationstechnisch wirklich gut gemacht, sondern es geht darum, die Reaktion zu respektieren und für sie Verständnis zu zeigen.

Fazit

Widersprüchlichkeiten sind immer Teil von Organisationen. Führungskräfte sind diesen unterschiedlichen Kräften besonders stark ausgesetzt. Sie sind gefordert, trotz der daraus entstehenden paradoxen Situationen, handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben und mit diesen lösungsorientiert umzugehen. Ein einfaches Rezept dafür gibt es nicht. Ein bestimmtes Mindset, Selbstmanagement-Techniken und Strategien sind aber hilfreich, auch in widersprüchlichen Entscheidungssituationen handlungsfähig zu bleiben. 

Im Coaching begleiten wir Führungskräften dabei in herausfordernden Entscheidungssituationen nützliche Strategien und Lösungen zu entwickeln. Hier finden Sie nähere Informationen zum Führungskräfte-Coaching.

Quellen:
von Foerster, Heinz: Short Cuts, 2001, Verlag zweitausendeins, Frankfurt am Main
Gabarro, J. (2007). When a new manager takes charge. Harvard Business Review, January

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